Die Katharinenkirche hatte vermutlich schon im 14. Jahrhundert eine Orgel, also in einer Zeit, als dies noch gar nicht selbstverständlich war. Wechselnde Standorte im Kirchenschiff entsprachen dem jeweiligen liturgischen Auftrag des Instrumentes. 1871 erhielt die Katharinenkirche eine bedeutende Orgel, ein spätes Werk aus der berühmten Werkstatt Eberhard Friedrich Walckers. Die Hochschätzung, die diese Orgel bei vielen Musikern genoss, zeigt sich auch dadurch, dass einige berühmte Organisten auf ihr spielten:
Max Reger ließ sich hier zu seinen Orgelphantasien anregen und der evangelische Theologe, Arzt und Organist Albert Schweitzer besuchte mehrmals Oppenheim, um auf der Orgel der Katharinenkirche zu spielen.
Diese Orgel existierte nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form. Das Nachfolgeinstrument wurde vor rund 40 Jahren gebaut und später in Teilen verändert. Es stellte sich als musikalisch unzureichend und technisch desolat dar. Insbesondere durch Materialermüdung und Konstruktionsmängel versagte die Orgel immer häufiger den Dienst.
Im Frühjahr 2003 vergab der Kirchenvorstand im Wissen um die große überzeitliche Bedeutung des Orgelneubaus für die Oppenheimer Katharinenkirche den Bauauftrag an die Orgelbaufirma Gerald Woehl in Marburg/Lahn. Beim Abbau der alten Orgel wurde das gesamte historische Pfeifenmaterial genau untersucht. Das Ergebnis war sensationell: Aus der bedeutenden Walcker-Orgel sind 19 Register teilweise bzw. einige Register ganz erhalten. Die Pfeifen aus dem Spätwerk Walckers zeichnen sich durch eine besondere Güte des Materials und eine außerordentlich exakte Herstellung aus, wie man sie heute kaum findet. Es sind wohl Pfeifen von Walckers letzter noch erhaltener Orgel.
Zu Pfingsten 2006 konnte die neue Woehl-Orgel eingeweiht werden und wurde von der Gemeinde, von internationalen Künstlerinnen und Künstlern und dem Publikum stürmisch gefeiert. Gerald Woehl hat ein Werk geschaffen, das sich wunderbar in den akustischen Raum der Katharinenkirche einfügt.
In der neuen Woehl-Orgel ist ein Manual, das schwellbare Oberwerk, weitgehend komplett mit Registern von Walcker wieder hörbar. Daneben gibt es schöne Solo-Stimmen von Walcker im Hauptwerk und großartige Bass-Stimmen im Pedal.
Die neue Woehl-Orgel der Katharinenkirche findet bei internationalen Experten und Musikliebhabern großen Zuspruch:
„Die Orgel klingt wunderschön!!! … so musikalisch… ich bin begeistert … Es war eine große Freude für mich, bei den Eröffnungskonzerten zu spielen!“ – Olivier Latry, Notre Dame – Paris
„Ein Traum hat sich verwirklicht – endlich hat diese wunderbare Kirche auch ein prophetisches Instrument bekommen… Ein lebendiger und ausdrucksvoller Klang… Ich bin fasziniert!“ – Hans-Ola Ericsson, Piteå, Schweden
Die Woehl Orgel mit 44 klingenden Registern auf drei Manualen und Pedal spielbar, hat folgende Disposition:
I. Manual
Principal 16
Bordun 16
Principal 8
Rohrflöte 8
Flûte harmonique 8
Gambe 8
0ctave 4
Gemshorn 4
Quinte 2 2/3
Octave 2
Cornett 4 – 6fach
Mixtur 4-5fach 2
Cimbel 3fach 1 1/3
Trompete 16
Trompette 8
Manual II, schwellbar
Gedeckt 16
Principal 8
Salicional 8
Unda maris 8
Doppelflöte 8
Gedeckt 8
Octave 4
Flöte 4
Nasard 2 2/3
Octave 2
Mixtur 5fach 2
Trompete 8
Clarinette 8
Tremulant
Manual III, Recit
Quintaton 16
Flûte traversière 8
Cor de nuit 8
Viole de Gambe 8
Voix céleste 8
Fugara 4
Flûte octaviante 4
Octavin 2
Bombarde 16
Trompette harmonique 8
Clairon harmonique 4
Basson Hautbois 8
Voix humaine 8
Tremulant
IV. Pedal zum Teil schwellbar*
Untersatz 32
Grand Bourdon 32
Kontrabass 16
Violon 16
Subbass 16
*Gedecktbass 16
Octavbass 8
Violoncello 8
*Bassflöte 8
Flöte 4
Posaune 16
Basstrompete 8
Bombarde 16
Trompette 8
Clairon 4
Koppeln
ll-l
lll-l
l Bass Octavkoppel
lll-l Bass Octavkoppel
lll-ll
lll-ll Bass Octavkoppel
lll Bass Octavkoppel
l-P
ll-P
lll-P
lll-P Diskant Octavkoppel
zusätzliche Züge
Tritte
Walze an
klassischer Wind an
West Orgel an
Jalousietritt Fernwerk
Register von Walcker (1871)
Manualumfänge C-a3, Pedal C-f1
mechanische Spieltraktur, mechanische Koppeln
elektronische Registertraktur und Setzeranlage
symphonisches Windsystem, zweimal unterteilt innerhalb des Klaviaturbereichs je Werk, im Diskant stärkerer Wind,
melodiebetont, umschaltbar auf klassischen Wind
Register aus den Manualen 1 + 11 können zur differenzierteren klanglichen Abstufung auch im Pedal gespielt werden.
Das Instrument kann durch öffnen von Klappen auch für denWestchor gespielt werden.